Ich genieße die Zeit alleine auf dem Fahrrad. Ein paar Bekannte, Arbeitskollegen oder Reisebekanntschaften fragen immer wieder: „Du reist also alleine? Wirklich ganz allein?“. Ich bin fast von der Frage überrascht. Ich könnte mir garnichts anderes mehr vorstellen. Naja ich kann, aber ich will nicht. Wer will schon ständig über Entscheidungen reden und besprechen was man als nächstes macht. Ich mache einfach und das tut mir extrem gut. Ich kann mit Menschen reden, wenn ich welche treffe, aber ich muss nicht, wenn ich nicht will.
Meistens kommt das „wollen“ eh sehr spät oder auch nie. Meistens redet man ja doch mit diversen Menschen unterwegs und wenn es nur der Rezeptionist des Hotels ist. Und danach ist es ja auch wieder gut. Man muss es ja nicht übertreiben.
Ich sitze in einem französischen Café und tippe ein paar Zeilen in meinen Laptop. Ich habe wochenlang keine vollständige deutsche Unterhaltung geführt und denke, das könnte mal wieder gut tun. Keine Missverständnisse, keine fehlenden Worte, einfach mal reden.
Wie es der Zufall will setzen sich zwei deutsche Damen in ungefähr meinem Alter mir gegenüber. Ich höre jedes Wort und lausche der Unterhaltung ein wenig. Ich überlege, ob ich die beiden mal ansprechen soll und spüre, wie die Nervosität anklopft, die sich immer bei möglichem Menschenkontakt meldet. Einfach mal ein bisschen Smalltalk in meiner Muttersprache? Ich lausche weiter.
Die zwei reden über was sie mögen, was sie nicht mögen. Beschwerden über die Arbeit, die morgen wieder beginnt und wann sie nach Hause fahren wollen. Über Filme, Sehenswürdigkeiten und welche Museen sie noch besichtigen wollen, bevor sie aufbrechen.
Mich verlässt das Interesse. Vermutlich werde ich bei der Unterhaltung auf keinen grünen Zweig gelangen und sobald ich erwähne, dass ich seit Jahren größtenteils alleine auf Reisen bin, gerade mein erstes Buch veröffentlicht habe und kein wirkliches Zuhause habe, verschrecke ich die zwei nur mit meiner völlig wirren Realität, das Gespräch ebbt ab und endet in unangenehmen Schweigen.
Nicht die Mühe wert.
Ich sitze lieber weiter in dem französischen Café und tippe ein paar Zeilen in meinen Laptop. Wieder unnötigen Menschenkontakt gemieden. Mein Sold für den heutigen Tag ist erfüllt.
Ich beobachte oft die Päärchen, die sich schweigend gegenüber sitzen. Oft ist eine Person genervt davon, dass die andere ständig auf dem Smartphone rumdrückt. Vermutlich ist er damit beschäftigt über den schönen Sonntagvormittag in dem hippsten Café der Stadt mit der hübschesten Begleitung zu tweeten, während die Partnerin sich gerade überlegt, wie lange sie das noch mitmacht. Aber weil man es ja ohne Kommunikation nicht aushält, wird auch zum Smartphone gegriffen. Und wenn dann der andere fertig ist mit besagtem Tweet, ist es schon zu spät. Dann sind beide vertieft in diesen technischen Helfern des Grauens und der Teufelskreis des Anschweigens zieht seine Bahnen.
Da schweige ich lieber mich selbst an, bin dabei in vollem Frieden mit mir selbst und meiner Begleitung.
Weil ich selbst die Begleitung bin.
Wie schön das Leben doch ist.